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  • AutorenbildSarah Mibus

"Ich habe nicht nachgedacht sondern einfach gemacht!"

Aktualisiert: 10. Juni 2019

An einem der ersten Frühlingstage im April treffe ich Melanie in Köln.

Nur ein paar Meter weiter liegt Cellex, das Zentrum für Zellentnahmen, in dem wir beide gespendet haben: Melanie ihre Stammzellen, ich ein Liter meines Knochenmarks. Melanie ist extra von Bochum nach Köln gefahren um sich hier im Mediapark mit mir zu treffen und ihre Geschichte zu erzählen. Wir sitzen draußen, die ersten Bäume blühen. Bei Kaffee und Sprudel fängt sie an über ihre Zeit der Spende zu reden.


3,5 Stunden dauerte Melanis Stammzellspende für ihren genetischen Zwilling aus Schweden


Es war im Herbst 2017. Ich hatte Spätdienst im Altenheim, da rief mich meine Tochter ganz aufgeregt an und erzählte mir von dem Päckchen, das für mich angekommen sei. Darauf klebte ein großer Sticker mit den Worten "Vor dem Öffnen bitte DKMS anrufen". Ich habe dann direkt am nächsten Morgen erfahren, dass ich als Spenderin infrage komme.


Wie hast Du Dich mit diesen Neuigkeiten gefühlt?

Jetzt im Nachhinein wundere ich mich ein wenig über meine eigene Reaktion, denn ich habe damals einfach nicht weiter drüber nachgedacht. Für mich war klar - das mach ich! Eine Selbstverständlichkeit! Emotional wurde es für mich erst am Tag der Spende.


Wie ging es dann weiter?

Bei diesem ersten Telefonat mit der DKMS wurde auch ein kurzes gesundheitliches Vorgespräch mit mir geführt und wir vereinbarten Termine zur Blutabnahme sowie zur Voruntersuchung. Eine Woche später ging ich mit den leeren Blutröhrchen, die im Paket waren zum Hausarzt. Ein Kurier holte zwei der Röhrchen ab und brachte sie in ein Labor, das andere brachte ich zur Post. Die DKMS erklärte mir, es gebe auch einen weiteren potenziellen Spender, der wohl noch besser passen würde. Der sprang aber einen Tag später ab, also war klar: Ich war an der Reihe! Der Bluttest zeigte, mein Blut passt genug mit dem des Patienten zusammen. Bevor die Stammzellspende durchgeführt werden konnte, musste ich noch zu einer Voruntersuchung. Der Termin dafür war nur ein paar Tage später geplant.

Erzähl uns von dem Check-Up. Was genau wurde untersucht?

Der Termin fand bei Cellex in Köln statt. Hier wurde mir noch einmal Blut abgenommen, Ultraschall von meinen Organen und ein EKG gemacht, eine Urinprobe musste ich auch abgeben. Ein Arzt führte ein längeres Gespräch mit mir, in dem ich von meiner gesundheitlichen Situation und der Krankheitsgeschichte meiner Familie berichtete. Ich habe nur gute Erinnerungen an den Tag: Alle waren sehr herzlich und nett, es gab Getränke und Brötchen. Das war top organisiert.


Wie viel Zeit lag zwischen der ersten Benachrichtigung und dem Tag der Spende?

Bei mir ging alles realtiv schnell. Vom Tag als das Päckchen ankam bis zur Stammzellspende vergingen nur 2 Monate.


Wie hast Du Dich am Abend vor der Spende gefühlt? Warst Du aufgeregt?

Ich fuhr mit dem Zug von Bochum nach Köln und checkte im Hotel ein. Aufgeregt war ich nicht. Ich habe nicht groß nachgedacht, was da morgen passiert. Ich habe einfach gemacht. Die Vorweihnachtszeit hatte gerade angefangen und so nutzte ich die Gelegenheit und verbrachte den Abend auf dem Weihnachtsmarkt. Allerdings hielt ich nur zwei Stunden durch, da mich die Medikamente, die ich für die Stammzellspende nehmen musste, recht müde machten.


Die musstest Du nehmen, damit Du mehr Zellen im Blut hattest. Was hat das mit Deinem Körper gemacht?

Fünf Tage vor der Spende musste ich anfangen mich selbst zu spritzen. Obwohl ich Altenpflegerin bin und oft damit zu tun habe, war es doch eine große Überwindung. Für die erste Dosis fuhr ich zu meiner Schwester, die glücklicherweise Krankenpflegerin ist. Doch sie musste gar nicht eingreifen, ich schaffte es nach kurzem Zögern selbst. Nach zwei Tagen bekam ich leichte Kopfschmerzen und dann auch ein Ziehen in den Oberschenkelknochen und im Becken. Dabei dachte ich nur: Super, dann wirkt es! Die Ärzte gaben mir im Vorfeld Ibuprofen, damit war es gut auszuhalten.


Dann war er da - der Tag, an dem Du Deine Stammzellen gespendet hast. Wie lief das ab?

Ich bin um 5.30 Uhr aufgestanden, da ich mich zwei Stunden vor Beginn noch mal spritzen musste. Nach dem Frühstück im Hotel bin ich zu Cellex gefahren und um 7.30 Uhr ging es los. Eigentlich sollte mich meine Schwester an dem Tag begleiten, aber irgendwas kam dazwischen und dann dachte ich mir, ich will das gern alleine machen. Ich war mit zwei anderen Spendern in einem Raum: Ein Mann, so um die 50, der bereits schon einmal gespendet hatte. Er war an diesem Tag hier, um seinem Patienten noch mal Leukozyten für sein Immunsystem zu spenden. Außerdem war noch eine junge Frau dabei, die das alles wie ich zum ersten Mal erlebte.


Aus Melanis rechten Arm wurden die Stammzellen entnommen

Ich bekam Nadeln in beide Arme: rechts wurde das Blut entnommen, links dann wieder zurückgeführt. Es war ganz wichtig, dass er rechte Arm nie geknickt werden durfte, das nennt man starre Nadel. Der ganze Arm wurde fixiert, wenn ich auf die Toilette ging. Das Blut ging also aus dem rechten Arm raus, wurde durch diese Maschine gepumpt, in der dann ein Teil der Zellen entnommen wurden. So wie bei der Dialyse. Da ich schon oft Plasma gespendet habe, war mir die Situation nicht ganz unbekannt.


Wie hast Du Dich während der Entnahme gefühlt?

Ganz normal. Schmerzen hatte ich keine, alle waren sehr nett und haben sich liebevoll gekümmert.



Wie lange hat das alles gedauert?

Bei mir ging es relativ schnell: nach 3,5 Stunden durfte ich schon wieder ins Hotel zurück. Zwei Stunden später sollte ich noch mal anrufen, um zu erfahren, ob meine Stammzellen gereicht haben. Sonst hätte ich am nächsten Tag noch mal nachlegen müssen. Aber die erste Spende war genug.


Du hattest vorhin kurz angedeutet, dass Du nach Deiner Spende etwas emotional wurdest..

Als ich fertig war, bekam ich das kleine Infoheft der DKMS in die Hand gedrückt, das habe ich im Hotel dann durchgeblättert. Da stand alles über den Spender-/Patientenkontakt drin, also wie und wann man überhaupt miteinander Kontakt aufnehmen darf. Das ist ja in jedem Land anderes geregelt. Da hab ich mir dann diesen Beispielbrief durchgelesen, in dem ein Patient seinem Spender schreibt und beginnt mit: "Lieber Spender oder Lebensretter - ich weiß gar nicht wie ich Dich nennen soll..." Da wurde mir auf einmal bewusst, dass ich mit dem, was ich gerade getan habe, vielleicht wirklich einem Menschen das Leben gerettet habe. Obwohl mir das ja auch vor diesem Tag schon klar war, traf mich diese Erkenntnis in dem Moment noch mal richtig. Ich habe dann erst mal ein bisschen Fernsehen geguckt, um alles sacken zu lassen.


Wie hast Du Dich nach der Spende körperlich gefühlt?

Gut! Die Symptome der Nebenwirkungen hörten sofort auf. Zwei Tage später war wieder alles beim Alten.


Was weißt Du über Deinen genetischen Zwilling? Habt Ihr Kontakt?

Ich habe für eine erwachsene Frau aus Schweden gespendet. Die Kontaktregeln sind wie in Deutschland: Man darf sich anonym schreiben und wenn beide wollen, kann man sich zwei Jahre später kennenlernen. Ich wollte ihr schon lange schreiben, habe es aber irgendwie doch noch nicht gemacht. Warum weiß ich gar nicht genau. Es wäre ein Herzenswunsch, sie eines Tages kennenzulernen. Mich würde interessieren, ob sie auch wie ich Mutter ist.

Nach der Spende habe ich ein Licht im Kölner Dom für sie angezündet. Obwohl ich sie nicht kenne, fühle ich mich ihr auf eine ganz eigene Art und Weise sehr verbunden.


Danke, dass Du Deine Geschichte mit uns geteilt hast, Melanie. Dir und Deinem genetischen Zwilling alles Liebe! Abschließend möchte ich gern noch wissen: Würdest Du noch mal spenden?


Ja!




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